„Angehörige müssen für ihre pflegebedürftigen Lieben aktiv werden, um ihnen ein sicheres Umfeld zu schaffen, habe ich letztens gesagt. Dabei spreche ich von Wohn-Pflege-Arrangements, wie wir sie mit Partnern errichten.
Das Entstehen einer Parallelwelt, die sich bildet, wenn Familien in ihrer Not auf Pflegekräfte aus dem Ausland zurückgreifen müssen, ist damit jedoch nicht gemeint. Wir alle wissen – das Sozialsystem hinkt. Angehörige wissen sich teils nicht anders zu helfen.
Ja, Deutschland hat zu wenig Pflegekräfte und immer weniger wollen diese anspruchsvolle Arbeit machen. Pflegekräfte aus Osteuropa werden geholt. Sie sind günstiger als ihre deutschen Kolleg*innen und bringen die Bereitschaft mit, im privaten Haushalt zu wohnen, so dass eine „24-Stunden-Pflege“ möglich ist.
Schätzungen zufolge sind in Deutschland 300.000 bis 600.000 Menschen aus dem Ausland als 24-Stunden-Betreuer beschäftigt, meist Frauen. Über Vermittlungsagenturen kommen sie hierher und genau diese verdienen auch daran.
Oft arbeiten die Helfer*innen unter schlechten Bedingungen, für zu geringe Löhne und teilweise ohne Pausen. Das Bundesarbeitsgericht hatte geurteilt, dass ausländische Betreuungskräfte Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben, auch für Bereitschaftszeiten. Daher ist die Pflege nicht durch eine einzige Person leistbar. Doch prüft das jemand?
Wir als Pflegedienstunternehmen unterliegen einer ständigen Kontrolle. Deutsches Recht sieht eine strikte Erfassung von Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten vor.
Die osteuropäischen Menschen lockt der deutsche Mindestlohn. Verständlich. Mit 13,70 Euro pro Stunde ist er höher als beispielsweise in Polen (dort sind 5,00 Euro durchaus normal).
Für ihre Helfer*innen steht Familien in Deutschland ab Pflegegrad 2 das sogenannte Pflegegeld zur Verfügung. Dies beträgt im Monat gestaffelt von 316 Euro bis zu 901 Euro für Pflegegrad 5. Doch ist eine ausländische, legal beschäftigte Kraft zusammengerechnet wirklich so viel günstiger und hilfreicher? Klar, es ist immer jemand da. Aber klappt auch die Verständigung? Nicht jede polnische, rumänische oder ukrainische Pflegekraft spricht Deutsch. Wie soll sich ein hilfsbedürftiger Mensch da verständlich machen? Kann alles gut gehen, ist aber nicht die Regel. Wäre es in einem Quartier in vertrauter Umgebung, mit Gleichgesinnten, Nachbarn und professionell unterstützenden Pflegekräften nicht wesentlich besser und sicherer?
Die deutsche Pflegepolitik hat sich zu lange darauf verlassen, dass sich Familienangehörige weitgehend selbst um alles kümmern. Nun spitzt sich das Dilemma immer mehr zu. Richtig wäre es, das Sozialsystem so zu optimieren, dass keine Kompromisslösungen von Familien gestrickt werden müssen, sondern Hilfe im eigenen Land gefunden wird.“