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Schulungsreihe Demenz: Für alle, die wissen möchten, warum Rasensamen als „Dünger“ eingesetzt werden

17. Mai 2023

Kostenlose Demenz-Schulungsreihe „Hilfe beim Helfen“ in Hohen Neuendorf
Wie damit umgehen, wenn ein Angehöriger Demenz hat? Antworten gibt die kosten­lose Schulungsreihe „Hilfe beim Helfen“. Nächster Termin: Ab 15. Juni 2023 am Standort Hohen Neuendorf. Koordinatorin Angelika Hemetzberger im Gespräch

Ihr pflegebedürftiger Vater verändert sich? Er verlegt Dinge wie sein Shampoo, das sich plötzlich im Tiefkühler wiederfindet? Oder Ihre 85-jährige Tante streut Rasensamen über Hecke und Blumen­beet, weil sie diese für Dünger hält? Besonders starke Nerven braucht, wer zuvor mühselig Unkraut an der Stelle gezupft hat. Am Abend will ihr dann partout nicht der Name des Nachbarn einfallen, neben dem sie seit Jahren wohnt und sie kämpft mit den Tränen? „Das können Anzeichen für Demenz sein“, erklärt Angelika Hemetzberger. „Viele denken anfangs jedoch, ach nein, das sind normale Alterserscheinungen.“

Kompaktkurs für pflegende Angehörige von Demenzerkrankten

Kompaktkurs für pflegende Angehörige von Demenzerkrankten

Die Koordinatorin der Fachstelle Demenz am Standort Hohen Neuendorf des Gemein­schafts­werks Soziale Dienste Nauen e. V., mit dem LIONCARE eng zusammenarbeitet, ist Fachfrau für solche Dinge. Wenn sich die Anzeichen für Demenz häufen, haben pflegende Angehörige 1000 Fragen, weiß die ausgebildete Ergotherapeutin mit Zusatzqualifikation für Demenz: „Diese werden in der bewährten Schulungsreihe „Hilfe beim Helfen“ beantwortet, die wir gerade in Hohen Neuendorf organisieren.“ Der Kompaktkurs ist ein Angebot der Pflegekasse bei der BARMER Hennigsdorf in Zusammenarbeit mit der Alzheimer-Gesellschaft Brandenburg e. V. und richtet sich an An- und Zugehörige von Menschen mit Demenz. Die Teilnahme ist für Versicherte aller Kassen kostenfrei.

Ab 15. Juni 2023 beginnt die Schulungsreihe, die regelmäßig an den Standorten des Gemein­schafts­werks durchgeführt wird, diesmal in Hohen Neuendorf. Die LIONCARE Wohnen und Pflege GmbH stellt dafür ihre Räumlichkeiten der Tagespflege „An der Bienenwiese" in der Berliner Straße 56 zur Verfügung.

Noch wenige freie Plätze

Die Schulungs-Module werden im Gesamtpaket gebucht. 8 Termine sind es insgesamt: Donnerstag, 15. Juni 2023 von 18 bis 20 Uhr, und dann bis 10. Juli 2023 immer montags und donnerstags jeweils von 17 bis 19 Uhr. Es gibt letzte freie Plätze. Wer seinen pflegebedürftigen Angehörigen mit Demenz mitbringen möchte, kann dies gerne machen. Ehrenamtliche Mitarbeitende übernehmen die Betreuung während der Schulungszeiten.

Programmüberblick

Donnerstag, 15. Juni 2023
Wissenswertes über Demenzerkrankungen
Fr. Schröder, Pflegefachkraft, Wir haben Zeit/Pflege- und Betreuungsleistungen

Montag, 19. Juni 2023
Menschen mit Demenz verstehen
Fr. Schröder, Pflegefachkraft, Wir haben Zeit/Pflege- und Betreuungsleistungen

Donnerstag, 22. Juni 2023
Vorsorge treffen
Fr. Nagel, Sozialberaterin, Pflege-Stützpunkt Oranienburg

Montag, 26. Juni 2023
Den Alltag leben - ein neues Miteinander finden
N.N.

Donnerstag, 29. Juni 2023
Pflegeversicherung und Entlastungsangebote
Pflege-Stützpunkt Oranienburg

Montag, 3. Juli 2023
Pflege von Menschen mit Demenz
Fr. Krippner, Fachkoordinatorin Demenz, Gemeinschaftswerk

Donnerstag, 6. Juli 2023
Die Lasten teilen
Fr. Kliesch, Fachkoordinatorin Demenz, Gemeinschaftswerk

Montag, 10. Juli 2023
Ein neues Zuhause finden
Fr. Witt-Tennstedt, Referentin Demenz, Gemeinschaftswerk

Kursinhalte „Hilfe beim Helfen"

Im Kurs geht es unter anderem darum, Menschen mit Demenz zu verstehen, zu wissen, wie sie „ticken“ und wie Angehörige Vorsorge treffen können. Auch rechtliche Grundlagen werden ver­mittelt, so Angelika Hemetzberger. Außerdem erfährt man, welche Entlastungsangebote es gibt, oder wie man einen neuen Alltag miteinander findet. „Teilnehmer lernen, welche Stellschrauben wichtig sind im neuen Umgang miteinander“, erklärt die Koordinatorin. Wie geht es weiter, wenn zuhause nichts mehr klappt wie zuvor und nun plötzlich auch noch die Rasensaat als Dünger oder das Shampoo im Tiefkühler auftauchen?

Diagnose Demenz – wie geht es weiter?

„Wird die Diagnose Demenz gestellt, gibt es bei Angehörigen anfangs oftmals eine Erleichterung, da man nun weiß, was los ist. Danach setzt der Schock ein und ebenso eine große Ver­un­siche­rung. Anders als bei körperlichen Gebrechen verändert sich der Umgang und das Verhalten des Erkrankten. „Betroffene können die Diagnose oft nur schwer annehmen, sind emotional sehr aufgewühlt. Angehörige wollen wissen, was passiert im Gehirn? Warum hat derjenige jetzt ein bestimmtes Verhalten?“, sagt Angelika Hemetzberger.

Die Gedächtnisveränderungen und Wahrnehmungsstörungen beginnen in der Regel lange, bevor die Außenwelt etwas von der Demenz bemerkt. „Menschen mit Demenz brauchen grundsätzlich für alles mehr Zeit. Darüber müssen sich Angehörige im Klaren sein.“ Auch können sich die Erkrankten nur schwer auf Neues einstellen. „Komplexe Gedächtnisfunktionen werden immer schwieriger. Das fängt schon beim Verstehen von Ironie an.“ Doppeldeutigkeit wird schnell missverstanden. Dennoch könnten die Beteiligten mit Humor vieles besser bewältigen, so die Expertin. Er mache den Alltag leichter.

Widersprechen führt zu Gegenwehr

Widersprechen jedoch verschlimmert alles. „Da entsteht sofort eine Gegenwehr durch ein Sich-nicht-verstanden-und-respektiert-fühlen“, hält die Koordinatorin fest. Menschen mit Demenz können durch die Erkrankung teilweise Reize von außen nicht mehr richtig interpretieren. „Wenn die Mutter mit Demenz im Winter sagt, es ist Sommer, bringt es als Tochter nichts zu wider­sprechen“, weiß Angelika Hemetzberger. Auch alle W-Fragen sollten vermieden werden: „Weil man darauf konkrete Antworten erwartet. Genau das können Menschen mit Demenz nicht mehr geben.“

Besser sei im Fall des Sommerwetters im Winter zustimmend zu reagieren, so Angelika Hemetzberger: „Ja, die Sonne scheint richtig schön und es ist schon etwas warm draußen. Die Luft ist so richtig klar. So herrliches Wetter im Winter ist wirklich selten.“ Wenn jemand von außen kommt und dem Erkrankten mit Reaktionen immer wieder zu verstehen gibt, du machst es falsch, fühlt derjenige sich vorgeführt. „Es gibt täglich 100 bis 150 Situationen, die Menschen mit Demenz frustrieren. Das sind 10 Mal mehr als bei anderen Personen.“ Immer wieder stößt der Erkrankte an seine Grenzen. Auch für die Angehörigen keine einfache Sache. Bei der Hilfe beim Helfen-Schulung lernt die Familie, mit Strategien gegen die Frustration des Erkrankten anzugehen, diese im alltäglichen Umgang zu minimieren.

Professionelle Unterstützung für Demenzerkrankte

Mit regelmäßigen Denksportaufgaben die Demenzerkrankung entschleunigen

Zahl der Demenzerkrankten nimmt stetig zu

Die Augen vor der Veränderung zu verschließen, bringt in jedem Fall niemanden weiter. Demenz nimmt stetig zu. In Deutschland leben laut Bundesfamilienministerium rund 1,8 Millionen betroffene Menschen. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der an Demenz Erkrankten voraussichtlich auf 2,8 Millionen steigen.

Allein in Brandenburg sind seit 2009 rund 53 Prozent mehr Personen davon betroffen, so die Statistik des Kompetenzzentrum Demenz. 2020 gab es fast 68.000 Menschen mit Demenz im Bundesland, in 2009 waren es noch rund 44.000. Bis 2030 rechnet man mit knapp 88.000 Personen. Das ist eine Zunahme um fast 100 Prozent innerhalb von knapp 20 Jahren dann. „Im Landkreis Oberhavel, in dem Hohen Neuendorf liegt, soll die Zahl der Menschen mit Demenz bis 2030 um 113,5 Prozent ansteigen im Gegensatz zu 2009“, so Hemetzberger. „Eine Herausforderung, die wir alle gemeinsam angehen sollten.“

Infolge der demografischen Veränderungen komme es zu weitaus mehr Neuerkrankungen als Sterbefällen, so die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG). Angelika Hemetzberger bestätigt das: „Je höher die Lebenserwartung ist, desto höher ist das Risiko für Demenzerkrankungen.“

Dank Prävention Alzheimer und Demenz im Zaum halten

Neben nicht vermeidbaren Risiken für Demenz wie Alter und Genetik gibt es auch Faktoren, auf die jeder selber Einfluss hat. Dazu gehören Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, starkes Übergewicht, hoher Blutzucker, unbehandelte Schwerhörigkeit, Depressionen, soziale Isolation oder Bewegungsmangel. Auch ein niedriger Bildungsgrad spielt eine Rolle: Menschen mit einem höheren Bildungsniveau erkrankten pro zusätzlichem Bildungsjahr erst 3 Monate später an Alzheimer als Menschen mit einem niedrigen Bildungsniveau, fanden Wissenschaftler in einer repräsentativen britischen Langzeitstudie heraus.

Ist man innerhalb der Familie nun betroffen, informiert die „Hilfe beim Helfen“-Schulungsreihe umfassend und zeigt Strategien im täglichen Umgang auf. Verhindern werden Sie es als Angehöriger danach nicht, dass Shampoo im Tiefkühler oder Rasensaat als Dünger im Beet landen. Aber Sie wissen zumindest, wie sie Ruhe und Nerven bewahren.

Interessiert am Kompaktkurs?

Melden Sie sich in Hohen Neuendorf an bei Angelika Hemetzberger vom Gemeinschaftswerk Soziale Dienste Nauen e. V. unter